Das Areal und die Umgebung eines Flugplatzes sind Lebensraum für eine reiche und vielfältige Tierwelt. Um die Gefahren zu minimieren, die sich aus diesem Nebeneinander von Fauna und Flugbetrieb ergeben, sind gewisse Vorkehrungen nötig.
Abhängig von der Art der Vegetation, der Entfernung zu Gewässern oder Bergen sowie von weiteren Merkmalen leben in der Umgebung eines Flugplatzes verschiedene Vogelarten. Die zahlenmässige Grösse der Vogelkolonien wird durch eine Vielzahl von Faktoren bestimmt, etwa vom Wetter, von der Lage des Flugplatzes sowie von der Jahreszeit. Ist es im Frühling sehr nass und kalt, sind die Bruten kleiner und zahlreiche Jungvögel überleben die ersten Wochen nicht. Massgebend ist auch die Entwicklung der Nahrungsquellen rund um das Flugplatzareal. Diesen Faktor können die Flugplatzbetreiber jedoch kaum oder gar nicht beeinflussen.
Die Gefahren im Zusammenhang mit Wildtieren und insbesondere das Vogelschlagrisiko werden mit den Flugplatzbetreibern und weiteren Anspruchsgruppen – Flugsicherungsdienstleister, Fluggesellschaften und Vogelschutzorganisationen usw. – im Rahmen des Swiss Wildlife Hazard Committee erörtert. Dieser Ausschuss trifft sich regelmässig zum Informationsaustausch über verschiedene Fragen zum Umgang mit Risiken, die von der Präsenz von Wildtieren ausgehen. Darüber hinaus sind das BAZL und die Flugplätze an die Vorgaben der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) und der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) gebunden.
Um das Risiko von Kollisionen zu verringern, beschäftigen die grossen Flugplätze (Regionalflugplätze und Landesflughäfen) eigene Wildtierexpertinnen und -experten. Deren Aufgabe besteht im Wesentlichen darin, Störungen des Flugbetriebs durch Vögel zu verhindern und bei Bedarf Massnahmen zur Regulierung der Bestände bestimmter Vogelarten zu ergreifen. Sie ermitteln zum Beispiel den idealen Zeitpunkt für das Mähen der Wiesen oder beobachten Wildtiere, deren Präsenz von Vorteil ist, da sie andere Arten vertreiben. Um Vögel von der Piste respektive von den An- und Abflugbereichen fernzuhalten, werden verschiedene Vergrämungsmethoden eingesetzt, bei denen den Tieren jedoch keine Verletzungen oder sonstige Schäden zugefügt werden. Zu den Tätigkeiten der Wildtierexpertinnen und -experten gehört ferner die Beobachtung der Vögel, um festzustellen, ob bestimmte Vogelarten gehäuft auftreten.
Auf den Schweizer Flugplätzen kommt es immer wieder zu Kollisionen mit Vögeln. In der Regel verlaufen diese jedoch glimpflich. Die meisten Vogelschläge (90 % nach Angaben der ICAO) ereignen sich auf Flughäfen oder in deren unmittelbarer Umgebung während des Starts, bei der Landung oder im Tiefflug in einer Höhe zwischen 1000 und 2000 Fuss über Grund. Gemäss dem von der US-amerikanischen Zivilluftfahrtbehörde (Federal Aviation Administration, FAA) herausgegebenen Handbuch «Wildlife Hazard Management» (2005) ereignen sich weniger als 8 Prozent der Kollisionen mit Vögeln oberhalb von 3000 Fuss und 61 Prozent in einer Höhe von weniger als 100 Fuss. Vogelschläge in grossen Höhen von mehr als 5000 Fuss über Grund sind äusserst selten.
Je nachdem, an welcher Stelle ein Vogel gegen das Flugzeug prallt, können erhebliche und kostspielige Schäden an der Cockpitscheibe, an den Flügeln oder am Triebwerk entstehen.
Die Auswertung von Daten über Vogelschläge zwischen 1990 bis 2016 hat gezeigt, dass bei gut der Hälfte aller Kollisionen, die zu einem Schaden führten, die Nase des Flugzeugs oder die Cockpitscheibe betroffen waren.
Die heikelsten Flugphasen sind Start und Landung, denn bis zu einer Flughöhe von 500 Metern teilen sich Flugzeuge den Luftraum mit den Vögeln. Gerät ein Vogel oder gar ein Vogelschwarm beim Start oder bei der Landung in ein Triebwerk, kann dies zum Ausfall des Triebwerks führen und die Pilotin oder den Piloten in seltenen Fällen zum Startabbruch oder zur Notlandung zwingen.
Im Simulator trainieren Luftfahrzeugführerinnen und -führer den korrekten Umgang mit technischen Ausfällen bei Starts und Landungen.
Ausserdem bereiten sich die Cockpitbesatzungen vor jedem Flug auf einen eventuellen Startabbruch oder eine ungeplante Landung vor.
Die Häufigkeit von Vogelschlägen ist auch stark von der Jahreszeit abhängig. Im Sommer etwa sind solche Vorkommnisse deutlich zahlreicher, da die im Frühling geschlüpften Jungvögel erst fliegen lernen und mit den vom Flugbetrieb ausgehenden Gefahren noch nicht vertraut sind. Zudem ist im Sommer das Verkehrsaufkommen grösser, wodurch sich das Risiko einer Kollision mit einem Vogel erhöht.
Die untenstehende Tabelle vermittelt einen Überblick über die Vogelschläge, die dem BAZL aus Luftfahrtkreisen (Pilotinnen und Piloten, Flugplätze, Luftfahrtgesellschaften usw.) gemeldet wurden. Vogelschläge sind sicherheitsrelevante Ereignisse, die gemäss der Verordnung (EU) 376/2014 zwingend dem BAZL gemeldet werden müssen. Unter die Kategorie «en route» fallen Vogelschläge, die zwar im Schweizer Luftraum, aber im Streckenflug und somit ausserhalb des Perimeters und des Einflussbereichs des Flughafens ereignen. Der Begriff «Landes- und Regionalflughäfen» umfasst neben den Flughäfen Genf und Zürich die elf Regionalflugplätze (La Chaux-de-Fonds-Les Eplatures, Ecuvillens, Lausanne-La Blécherette, Sion, Lugano-Agno, Bern-Belp, Birrfeld, Grenchen, Bressaucourt, St. Gallen-Altenrhein und Samedan). Die Daten für den Flughafen Basel werden von der französischen Zivilluftfahrtbehörde (Direction générale de l'aviation civile, DGAC) erhoben.
2019 | 2020 | 2021 | 2022 | |
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Vogelschläge in Flugplatznähe | 305 | 148 | 229 | 280 |
Landes- und Regionalflughäfen | ca. 90% (von 305) |
ca. 80% (von 148) |
ca. 80% (von 229) |
ca. 90% (von 280) |
Andere Flugplätze / Heliports |
ca. 10% (von 305) |
ca. 20% (von 148) |
ca. 20% (von 229) |
ca. 10% (von 280) |
Vogelschläge «en route» |
17 | 15 | 24 | 23 |
Total Vogelschläge |
322 | 163 | 253 | 303 |
Das höhere Verkehrsaufkommen sowie die im Durchschnitt grösseren Flugzeuge und höheren Geschwindigkeiten auf nationalen und regionalen Flugplätzen erklären die höhere Anzahl von Vogelkollisionen auf letzteren. Das BAZL stellt indessen fest, dass die Meldungen von kleinen Flugplätzen in den letzten Jahren zugenommen haben. Der Anteil der von kleinen Flugplätzen gemeldeten Kollisionen mit Wildtieren ist gestiegen und schwankt zwischen 10 und 20 % der Gesamtzahl. Diese Zunahme kann auch im Zusammenhang mit der Meldekultur von Vogelschlägen gesehen werden. Auf den Landes- und Regionalflughäfen - die häufig über eine Dienststelle bzw. über Spezialistinnen oder Spezialisten für Wildtiermanagement verfügen - ist diese Kultur inzwischen gut verankert. Auf den kleineren Flugplätzen dagegen bildet sie sich nach heraus was dazu führt, dass immer mehr Fälle bekannt werden. Zu verdanken ist dies nicht zuletzt der umfangreichen Sensibilisierungsarbeit des BAZL in jüngerer Zeit, mit welcher das Amt die Luftfahrtkreise von der Wichtigkeit der Meldung aller Ereignisse überzeugen will.
Letzte Änderung 12.04.2023