AIRPROX aufgrund der falschen Talseite

FOCA SAND 2022-003

Seit 2019 wurde dem BAZL und der SUST eine erhebliche Anzahl gefährlicher Annäherungen (AIRPROX) bei Flügen in den Bergen gemeldet. Um genau zu sein, beläuft sich die Anzahl der schweren Vorfälle seit 2019 auf mindestens 9. Die Gründe für diese Airprox, bei denen eine ernste Gefahr einer Kollision bestanden hat, sind vielfältig. Die hier erwähnten Fälle haben jedoch eines gemeinsam: Die Wahl der Flugtaktik im Gebirge. Natürlich geht nichts über das Vergnügen hinaus, entlang von Bergkämmen zu fliegen. Doch um dieses Erlebnis in vollen Zügen geniessen zu können, gibt es einige wenige, aber für die Sicherheit wichtige Punkte zu beachten.

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Bei einem Gebirgsflug ist es aus mehreren Gründen ratsam, rechts vom Tal zu fliegen, vorzugsweise oben im Tal. Wenn man rechts vom Tal fliegt, hat man als Pilot (in der Regel auf dem linken Sitz) eine bessere Sicht auf den Talboden und damit auf mögliche Navigationspunkte, die einem bei der Orientierung helfen, wie z. B. Strassen oder Eisenbahnlinien, die auf der ICAO-Karte leicht zu erkennen sind. Wenn der Pilot aus irgendeinem Grund umkehren muss, hat er ein freies Sichtfeld zu seiner linken Seite und genügend Platz, um die Umkehr durchzuführen (Abb. 30). Aus diesem Grund ist es auch absolut notwendig, oben im Tal zu fliegen und nicht unten, da dies den Handlungsspielraum bei technischen Problemen z.B. stark einschränken würde (Abb. 31).       

Inwieweit ein Pilot rechts vom Tal fliegen sollte, ist eine schwierige Frage. Aber wie bereits erwähnt, geht es in erster Linie darum, bei reduzierter Drehzahl oder sogar bei einer Panne mit ausgefallenem Motor eine Umkehrkurve im Tal fliegen zu können. Deshalb ist es empfohlen, in einer ausreichenden Distanz zur Felswand und zum Boden zu fliegen, die den anerkannten Mindestflughöhen für VFR-Flüge gemäss den gültigen Standardised European Rules of the Air (SERA) entspricht. So können mögliche Hindernisse wie eine Stromleitung oder eine Seilbahn im Prinzip vermieden werden.

Natürlich ist es nicht immer möglich, auf der rechten Seite des Tals zu fliegen, da Wetterphänomene in Kombination mit der Topografie oft die Problematik der Luv/Lee-Hänge mit sich bringen, welche dazu führen können, dass man gezwungen ist, die Mitte des Tals oder sogar die linke Seite zu benutzen. Sollte man gezwungen sein, in der Mitte des Tals oder gar auf der linken Seite zu fliegen, sollte man im Hinterkopf behalten, dass man nicht alleine unterwegs ist. Für andere Piloten, die in dem Tal fliegen, bedeutet dies wahrscheinlich, dass man gegen die Flugrichtung fliegt. Deshalb sollte man das See and Avoid-Prinzip anwenden und ständig seine Umgebung analysieren, indem man nach draussen schaut. Die Nutzung der Frequenzen GVA INFO oder ZRH INFO können ebenfalls wertvolle Informationen über den Verkehr in der unmittelbaren Umgebung vermitteln. 

Quelle: Henzelin, R., Weibel, J.-P. (1970), Das Fliegen im Gebirge.

 

Weitere Beiträge zum Thema Fliegen im Gebirge:
Vorbereitungen für Fliegen im Gebirge – FOCA SAND 2015-002
Richtige Benutzung der Gebirgsfrequenz – FOCA SAND 2013-003

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Letzte Änderung 17.08.2022

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